Am 18.10.2017 haben uns ganz erstaunliche Nachrichten aus dem Wissenschaftsbereich der Zeitungen erreicht, dass zum ersten Mal zeitgleich Signale einer Gravitationswelle und eines Gammablitzes die Erde erreichten und, nachdem ganze Heerscharen von Astronomen hektisch den Sternenhimmel nach der Quelle absuchten, auch fündig wurden und zum ersten Mal eine Kollision zweier Neutronensterne in einer 130 Millionen Lichtjahre entfernten Galaxis „live“ erlebten. Offenbar haben sich zwei Neutronensterne immer schneller und schneller umkreist, bis sie sich vereinigten und dabei ein gewaltiges Feuerwerk an Energie und Raumzeit-Vibration auslösten und so auch die hiesige Forschergemeinde in sprichwörtlich „hellste“ Aufregung versetzten. Schnell wurde klar, dass anhand der detektierten Daten gleich mehrere Theorien bestätigt wurden. Zuallererst die Einsteinsche Theorie, deren Postulat, dass sich nichts schneller als das Licht bewegen kann, wieder eindrucksvoll bestätigt wurde. Ansonsten wäre die Gravitationswelle nicht nach 130 Millionen Jahren fast zeitgleich mit dem Gammablitz herangerauscht. Auch die Tatsache, dass offenbar so ein gewaltiges Ereignis wie die Verschmelzung zweier Neutronensterne dazu führt, dass schwere Elemente entstehen, konnte erstmals nachgewiesen werden. Um auch den engstirnigsten Marktradikalen einen „gammablitzkurzen“ Moment von seiner Lektüre der neusten Zwiebelpreise aufhorchen zu lassen, wurde auch gleich marktschreierisch mitgeteilt, dass bei dem Ereignis etwa eine Erdmasse an Gold entstanden ist, also eine wahrhaft gigantische Goldmine. Wenngleich das Ereignis in der Vorstellungswelt der Astronomen quasi in unserer universalen Nachbarschaft stattfand, müsste allerdings eine Expedition mit Lichtgeschwindigkeit, also 300.000 km in der Sekunde, 130 Millionen Jahre, also das Doppelte der Zeitspanne des zurückliegenden Untergangs der Dinosaurier, hinreisen, um diesen Goldschatz zu heben. Ob der ein oder andere Finanzexperte bereits ein entsprechendes Schuldpapier aufgelegt hat, um es an langfristig orientierte Anleger zu verscherbeln, entzieht sich der Kenntnis des Verfassers. Wir können aber den neuzeitlichen Finanzakrobaten nicht dankbar genug sein, dass sie uns die astronomischen Größenordnungen mit ihren Milliarden und Billionenbeträgen mittlerweile alltagsverständlich gemacht haben. Aber dieses Ereignis zeigt auch auf, welch gewaltiger Goldschatz sich in den Köpfen der Menschheit befindet. Was am 18.10.2017 entdeckt wurde, war das Ergebnis einer weltumspannenden Forschung und Zusammenarbeit, an der quasi alle Kontinente, alle Nationen und alle Kulturen ihren Anteil hatten. Sie zeigt auf, zu welchen kulturellen Leistungen die gesamte Menschheit mittlerweile in der Lage ist, wenngleich das Forschungsthema genau genommen gar keinen praktischen Nutzen hat. Selbst Einstein hätte nie für möglich gehalten, dass die Quetschung und Stauchung der Raumzeit jemals nachgewiesen werden könnte. Immerhin geht es hier um Veränderungen in der Größenordung eines Bruchteils eines Protons, wir erinnern uns, dem Reiskorn im Mittelpunkt eines Atom-Fußballstadions. Dass solche Messungen möglich sind, ist im Grunde also fast noch erstaunlicher als die Entdeckung selbst und macht deutlich, dass wir selbst die erstaunlichste Erscheinung in einem höchst erstaunlichen Universum sind. Völlig zurecht wird der 18.10.2017 als gleichbedeutend mit dem Tag angesehen, als Galileo Galilei sein Teleskop gen Jupiter ausrichtete und erschrocken feststellte, dass die Erde nicht der Mittelpunkt des Universums sein konnte. |
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Jenes Ereignis bedeutete nichts anderes als die zweite Vertreibung des Menschen aus dem Paradies. Sie war Ausgangspunkt für einen Prozess, der zum schmerzhaften Verlust und Untergang der „verzauberten“ Welt führte und den unaufhaltsamen Aufstieg des Materialismus markierte. Den Menschen der damaligen Zeit blieb im Grunde zunächst nichts anderes übrig, als trotzig zu reagieren und die Kunde des „Galilei“ als „fake-new“ zu brandmarken und den Überbringer der schlechten Nachricht zu demütigen, indem man ihn dazu zwang, seine Erkenntnisse öffentlich zu widerrufen. Sein sprichwörtliches „und sie bewegt sich doch“ war ein Menetekel. Kaum eine Generation später hatten sich die apokalyptischen Bilder von Pieter Breughel in die Wirklichkeit transformiert. Die Katastrophe des 30-jährigen Krieges ist damit auch Folge der Entzauberung der Welt und dem Gewahrwerden, möglicherweise einem gigantischen Betrug auf dem Leim gegangen zu sein. Steht uns nun die dritte Vertreibung aus dem Paradies bevor? Sicherlich leben wir nicht in Zeiten, in denen „Lichtsammler“ zum Widerruf ihrer Erkenntnisse gezwungen werden. Die Menschheit hat sich wohl damit abgefunden, in einer der (gottseidank) langweiligsten Ecken einer äußerst langweiligen Galaxie ihr Dasein zu fristen. Aber allenthalben werden Forschungsergebnisse in anderen Disziplinen bestritten. Die Kassandrarufe der Forscher des Klimawandels werden von dem Lautsprecher einer frustrierten, abgehängten und ängstlichen Bevölkerung vehement bestritten. Donald Trump ist nicht nur der Mann am Atomraketenknopf. Er ist einer der größten Apologeten des Markt- und Erfolgsmythos. Seine Anhänger sehen in ihm nicht den Betrüger, sondern den Verteidiger ihrer „verzauberten“ Welt aus Marktwirtschaft, „american way of life“ und Volksgemeinschaft. Jeder der sich gegen dieses Mantra stellt und Zusammenhänge zwischen dieser Vorstellungswelt und den Problemen der Zeit, wie Migration, Zerstörung der Natur, das Entstehen eines neuen Feudalismus und ungehemmte Datensammlung herstellt, wird als „Entzauberer“, zwar (noch) nicht zum Widerruf, aber lautstark als Lügner hingestellt. Die Betrogenen vertrauen eher einem Betrüger, als sich selbst. Was können wir tun? Die fortschreitende Digitalisierung, der Missbrauch privater Daten, der gläserne Mensch sind alles Erscheinungen, die massive Eingriffe in die Freiheitsrechte des Einzelnen nach sich ziehen werden. Insoweit ist leider nicht erkennbar, dass auch nur eine der im Parlament vertretenen Parteien ernsthaft den einzelnen „gefährdeten“ Menschen in den Blick nimmt und Konzepte entwickelt, wie letztlich ein Einklang zwischen einer gesicherten Lebenswelt des Einzelnen und den globalen Herausforderungen der Menschheit hergestellt werden kann. Um die Katastrophen eines weiteren 30-jährigen Krieg zu vermeiden, bedarf es daher einer warnenden und auch vernünftigen Stimme, die im sozialen Liberalismus seine – auch historisch – mächtigste Argumentationswaffe hat, im Kampf gegen die selbstverschuldete Unmündigkeit der durch Mythen und Angst verunsicherten Menschen. |
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